(Stuttgart) Die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat ist ein wesentlicher Bestandteil des Alltags in deutschen Unternehmen, besonders wenn es um Personalmaßnahmen wie Einstellungen oder Versetzungen geht.  

Doch was geschieht, wenn mehrere Betriebsräte beanspruchen, für einen Mitarbeiter zuständig zu sein? 

Ein aktueller Beschluss des Landesarbeitsgerichts (LAG) Baden-Württemberg vom 14. März 2023, so der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel, Leiter des Fachausschusses „Betriebsverfassungsrecht und Mitbestimmung“ des VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, bietet hierzu aufschlussreiche Einblicke und setzt klare Grenzen für die Zuständigkeit von Betriebsräten – eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen für die Praxis.

  • Der Fall:

Nach der erfolgreichen Besetzung einer vakanten Stelle in einem Unternehmen kam es zu einem unerwarteten Konflikt: Der Betriebsrat eines anderen Betriebsstellte die Einstellung infrage und behauptete, der neue Mitarbeiter sei auch in seinem Betrieb eingegliedert. Diese Situation führte zu einer juristischen Auseinandersetzung, die vor dem LAG Baden-Württemberg endete. Der Fall illustriert die Komplexität der Betriebsratsbeteiligung bei Einstellungen, insbesondere in Unternehmen mit mehreren Standorten oder in Matrixstrukturen. 

  • Die Gerichtsentscheidung:

Das LAG Baden-Württemberg entschied zugunsten der Arbeitgeberin und wies die Forderung des Betriebsrats Stuttgart nach Aufhebung der Einstellung zurück. Entscheidend war hierbei die tatsächliche Einbindung des Mitarbeiters in die Arbeitsprozesse des jeweiligen Betriebs. Die gelegentliche Tätigkeit des Mitarbeiters in Stuttgart reichte nicht aus, um eine Zuständigkeit des dortigen Betriebsrats zu begründen. Das Gericht führte ein Praktikabilitätskriterium ein, das die betriebsverfassungsrechtlichen Zuordnungen in den Kontext realer Arbeitsabläufe setzt und unverhältnismäßige Erschwerungen vermeiden soll.

  • Tipps für die Praxis:

Um ähnliche Konflikte zu vermeiden und eine reibungslose Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat zu gewährleisten, sollten Arbeitgeber folgende Aspekte berücksichtigen:

  1. Vorherige Klärung der Zuständigkeit: Prüfen Sie genau, in welchem Betrieb ein neuer Mitarbeiter hauptsächlich tätig sein wird, und involvieren Sie den entsprechenden Betriebsrat frühzeitig.
  2. Transparente Kommunikation: Halten Sie die Kommunikationswege mit allen beteiligten Betriebsräten offen und informieren Sie über geplante Einstellungen oder Versetzungen transparent.
  3. Anpassung der Tätigkeit: Berücksichtigen Sie die Möglichkeit, die Tätigkeit und Zuständigkeit des Mitarbeiters so anzupassen, dass Zuständigkeitskonflikte vermieden werden.
  4. Rechtliche Beratung: Ziehen Sie bei komplexen Sachverhalten rechtlichen Rat hinzu, um sicherzustellen, dass alle betriebsverfassungsrechtlichen Anforderungen erfüllt sind.
  • Zusammenfassung:

Der Beschluss des LAG Baden-Württemberg markiert einen wichtigen Meilenstein in der Klärung der Zuständigkeit von Betriebsräten bei der Einstellung von Mitarbeitern, die in mehreren Betrieben tätig sind. Durch die Einführung eines Praktikabilitätskriteriums bietet das Gericht Unternehmen eine Richtschnur, um unpraktikable Zuständigkeitsstreitigkeiten zu vermeiden. Gleichzeitig mahnt die Entscheidung zur Vorsicht und zu einer sorgfältigen Prüfung der Zuständigkeiten, um betriebsverfassungsrechtliche Konflikte proaktiv zu vermeiden.

Görzel empfahl, dies zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA-Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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Volker Görzel
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
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