Mit Weiterbildungen und Schulungen für Angestellte verbinden viele Chefinnen und Chefs vor allem dies: Sie sind teuer, zeitaufwendig und unflexibel. Wird ein Teammitglied krank, ist es obendrein ärgerlich, wenn es an der oft lang geplanten Veranstaltung nicht teilnehmen kann. All das gilt zumindest so lange, wie eine Weiterbildung in Präsenz stattfindet.
Eine oft günstigere und zudem zeit- und ortsunabhängige Alternative bietet E-Learning: Hierbei können Beschäftigte digital vorab aufgezeichnete Schulungen, Arbeitsanleitungen und Kurse wahrnehmen, wenn es gerade in ihren Arbeitsalltag passt. Sie können selbst bestimmen, wie intensiv sie lernen wollen oder anspruchsvolle Themen zum besseren Verständnis beliebig oft wiederholen.

Unternehmen wiederum sparen sich teure Trainer für Präsenzveranstaltungen und die Suche nach einem Termin, der allen Teilnehmern passt. Wie Sie verschiedene E-Learning-Inhalte zur Verfügung stellen und den Überblick über den Lernfortschritt Ihres Teams behalten.
Weiterbildungsbedarf ermitteln
Eins vorab: Unter E-Learning fallen jegliche Lerninhalte, die digital verfügbar und jederzeit abrufbar sind. Das Spektrum reicht von einer einfachen digitalen Präsentation oder einem selbst gedrehten Tutorial bis hin zu professionell erstellten Seminaren und Erklärfilmen.
Als Erstes sollten Unternehmerinnen und Unternehmer überlegen, wie sie ihrem Team Lerninhalte zur Verfügung stellen wollen. Sie können diese per Mail verschicken oder auf dem Firmenserver ablegen. Jedoch lässt sich schwer überblicken, ob die Angebote dann auch wahrgenommen werden.
Wer E-Learning langfristig im Unternehmen etablieren will, sollte ein sogenanntes Lernmanagementsystem, kurz LMS, nutzen. Dabei handelt es sich um eine Plattform, auf die sich jeder Mitarbeiter mit eigenen Kennungsdaten einloggen und auf seinen persönlichen Lernstoff zugreifen kann.
Das kann zum Beispiel ein Onlinekurs im Bedienen einer bestimmten Maschine sein, ein aus verschiedenen Modulen bestehendes Seminar zu neuen Vertriebsstrategien oder ein anderthalbstündiges Videomeeting mit einem Persönlichkeitscoach. „Mit einem guten LMS kann das Lernen zu einer vertrauten und geschätzten Gewohnheit werden“, sagt Predrag Gasic, Geschäftsführer der E-Learning-Agentur Prega Design in Oberdingen bei Karlsruhe.
Passendes System finden
Lernmanagementsysteme müssen von der Firma mit Lerninhalten gefüllt werden. Die Programme enthalten in der Regel Funktionen, um diese zusammenzuführen und in eine Kursstruktur zu bringen: Firmen können etwa Links, Bilder und Videos hochladen und selbst gestaltete Wissensabfragen in einer eigenen Reihenfolge zusammenstellen und so ein komplettes Lernprogramm kreieren. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lassen sich mithilfe von Tests, Quiz und Aufgaben aktiv einbinden.
Wer ein LMS für sein Unternehmen sucht, hat viele Optionen: Es gibt sowohl deutsche als auch internationale Anbieter. Zu den bekannten zählen etwa TalentLMS und Eloomi. Gasics Firma Prega Design vertreibt in Deutschland das US-amerikanische LMS LearnDash, das als Plug-in des Programms WordPress angeboten wird, auf dem viele Blogs, Websites und Apps aufgebaut sind.
Auch für kleine Firmen mit fünf Angestellten oder weniger ist ein LMS erschwinglich. Viele Systeme sind browserbasiert. Die Gebühr richtet sich nach der Zahl der Nutzer. Bei preiswerten LMS kann man beispielsweise für rund 50 Euro monatlich bis zu 100 Nutzerkonten anlegen. Im mittleren Preissegment kosten 100 Nutzerkonten im Schnitt 500 Euro im Monat. Sehr teure Systeme liegen monatlich bei etwa 1000 Euro für 100 Nutzer.
„Bevor man sich für ein LMS entscheidet, sollte man es ausprobieren“, rät Birgit Spies, E-Learning-Beraterin und Hochschulprofessorin in Hamburg. Oftmals bieten die Firmen eine kostenlose Demoversion an.
Onlinekurse zum Highlight machen 
Wer seine Teammitglieder zum Lernen am Computer motivieren will, sollte etwas Zeit in die Einführung eines LMS stecken. Schließlich geht es darum, die digital abrufbaren Kurse zu einem Highlight zu machen. Insbesondere das erste Angebote auf der Plattform sollte die Beschäftigten begeistern – durch die Präsentationsform, den Inhalt oder am besten beides.
Damit das gelingt, empfiehlt Gasic, das LMS und den Kurs mit wenigen Mitarbeitern in einem Pilotprojekt zu testen, Feedback einzuholen und Inhalte sowie die Präsentationsform anschließend zu optimieren.
„Im Idealfall wird die E-Learning-Plattform für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Laufe der Zeit zu einer Art Netflix fürs Lernen: Wenn ein neuer Lerninhalt angekündigt wird, dann sehen sie dem neugierig entgegen“, sagt Dirk Weigand, E-Learning-Berater bei Chemmedia, einer Agentur für Wissensmanagement in Chemnitz.

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Festlegen, was das Team lernen soll
Die möglichen Themen sind im E-Learning vielfältig: Das können solche sein, für die eine Fortbildung gesetzlich vorgeschrieben sind wie beim Thema Arbeitssicherheit. Aber auch Einführungen in interne Betriebsabläufe und das Onboarding neuer Mitarbeiter sind denkbar, ebenso Coaching-Formate, um bestimmte Fähigkeiten gezielt zu verbessern oder die Persönlichkeitsentwicklung zu begleiten.
Egal, worum es geht – E-Learning-Expertin Birgit Spies empfiehlt, sich am Anfang folgende Fragen zu stellen: Wozu sollen die Beschäftigten das lernen? Was bringt es ihnen und was dem Unternehmen? Und vor allem: Was genau sollen sie lernen?
Die Antwort auf die erste Frage findet Spies wichtig, denn die Motivation der Mitarbeiter ist entscheidend. Vereinfacht gesagt gilt: Je größer die Motivation, desto größer ist die Bereitschaft, für komplexe Inhalte Anstrengungen in Kauf zu nehmen. „Wenn die Eigenmotivation geringer ist, muss man Aufwand betreiben, um die Inhalte mitreißend und intelligent zu vermitteln“, sagt Spies.
Die Antwort auf die Frage, was das Team lernen soll, erleichtert die Planung, wie der Wissenstransfer gestaltet werden kann: Wenn etwa das Einstellen einer bestimmten Maschine in der Produktion oder die Verwendung des Urlaubsplanungstools vermittelt werden soll, dann reicht häufig ein einfaches How-to-Video. Es kann auf der Lernplattform zum dauerhaften Abruf bereitgestellt werden.
Quiz-Elemente einbauen
Geht es hingegen um das Vermitteln von Wissen, kann Online-Lernstoff bereitgestellt werden, den Teammitglieder durcharbeiten sollen. In regelmäßigen Abständen können sie dann etwa bei einem Quiz nachweisen, dass die wichtigsten Informationen hängen geblieben sind. „Das Einfordern von Feedback und Interaktion ist entscheidend, damit die Mitarbeiter bei der Stange bleiben“, sagt Experte Gasic.
Mit sogenannten Gamification-Elementen, die das Lernen spielerischer machen, kann dies gelingen. So könnten Teammitglieder virtuelle Goldmünzen für besonders gutes Abschneiden in Zwischentests erhalten. Wer genügend Münzen gesammelt hat, kann diese etwa gegen einen Urlaubstag oder eine Prämie tauschen.
Didaktik-Check durchführen
Wie kommen Firmen an den Lernstoff? Je nach Bedarf können Unternehmen sich bei bereits bestehenden Materialien bedienen. Zum einen bieten die Lernplattformen inklusive oder gegen Aufpreis fertig konzipierte Lerneinheiten an, die sich für jedes Unternehmen eignen, etwa Zeitmanagement-Methoden oder Konfliktlösungsstrategien.
Aber auch kostenlose Lerninhalte aus dem Internet, seien es Youtube-Videos oder Skripte zum Ausdrucken, können ins E-Learning-Programm integriert werden. Idealerweise sollten diese mit Angeboten wie Quiz und Aufgaben für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angereichert werden.
Insbesondere wenn die Lernmodule selbst zusammengestellt sind, lohnt sich ein Didaktik-Check mit einer Expertin oder einem Experten.
E-Learning-Beraterin Birgit Spies beispielsweise achtet in solchen Situationen auf folgende Aspekte: „Gibt es eine Einleitung? Erfahren die Mitarbeiter, warum sie unbedingt dabeibleiben sollten? Ist der Wissenstransfer angenehm und stimulierend gemacht? Wie ist der Schluss gestaltet? Gibt es einen Spannungsbogen?“
Birgit Spies sieht diesen Schritt wie einen Freigabeprozess: Wenn sie ihr Okay gibt, kann der Kurs online gehen.
Präsenzschulung mit E-Learning verbinden
Trotz der Möglichkeiten, die E-Learning bietet, lassen sich Präsenzveranstaltungen nicht immer ersetzen. Chefinnen und Chefs können aber auch das Beste aus beiden Welten verbinden und Präsenzschulung und E-Learning kombinieren. Was auch Blended Learning genannt wird, hat sich vor allem bei komplexen Inhalten bewährt.
Dabei lernen Teammitglieder zunächst selbstständig, beispielsweise durch vorab aufgezeichnete Online-Kurse oder erstellte Arbeitsmaterialien.
Darüber hinaus treffen sie sich regelmäßig – zum Beispiel per Videokonferenz oder in der Firma – mit einem Dozenten. Dort besprechen sie das Gelernte, bereiten sich auf eine weitere Online-Einheit vor oder absolvieren einen Test. Lernmanagementsysteme enthalten oft integrierte Videokonferenzen.
Blended Learning hat einige Vorteile: Die Interaktion mit einem Dozenten bleibt erhalten. Gleichzeitig können Unternehmen Präsenzsitzungen gering halten. Beim Erarbeiten der Inhalte haben die Mitarbeiter dafür maximale Flexibilität: Sie können lernen, wann und wo sie wollen.
Dirk Weigand von Chemmedia nennt einen weiteren Vorteil: „Häufig ist auch der Wissensstand unter den Mitarbeitern sehr unterschiedlich. Mit Onlinekurs-Angeboten, die jeder selbstständig durchlaufen kann, bringt man die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf den gleichen Stand, bevor man sich trifft.“
Lernfortschritte regelmäßig checken
Zu guter Letzt lässt sich über ein LMS einsehen, wie intensiv Angestellte das Weiterbildungsangebot annehmen.
Gasic warnt aber davor, alles überwachen zu wollen: „Wie gut die Ergebnisse waren, wann sich die Mitarbeiter wie oft eingeloggt haben, das sind sensible Daten. Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Datenschutz sehr wichtig ist, dann ist es sinnvoll, das LMS so einzustellen, dass in den Statistiken lediglich die erfolgreich abgeschlossenen Lerneinheiten einsehbar sind.“
Das reicht in der Regel, um eine Erfolgskontrolle zu haben. Die ist nicht nur beim Nachweis von gesetzlich vorgeschriebenen Fortbildungen wichtig. Die Lernfortschritte des Teams am Computer zu sehen, sorgt für einen schnellen Überblick und – wenn es gut läuft – für ein gutes Gefühl beim Chef und bei der Chefin.
Fünf Tipps, wie Sie Lerninhalte selbst erstellen können
Im Internet gibt es Informationen zu allen erdenklichen Themen. Aber nicht alles ist so gut auf­bereitet, dass Sie damit anderen etwas beibringen können. Sollen Teammitglieder vor allem firmen­spezifische Inhalte ­lernen, gibt es dazu im Netz in der Regel nichts.
Inhalte können auch bei Dienstleistern in Auftrag gegeben werden – doch je nachdem, wie hoch die Qualitäts­ansprüche sind, kann das teuer werden. So kosten ­Videos, für die beispielsweise eigene Trickfilme produziert ­werden, oft mehr als 1000 Euro pro ­Minute.
Aber auch ein 20-minütiges, ­professionell aufgenommenes und didaktisch konzipiertes Lernvideo, das in ein Online-Training eingebettet ist, kann schnell mehr als 10 000 Euro kosten. Dabei kommt es gar nicht immer darauf an, dass alle Inhalte bis ins kleinste Detail professionell dargestellt werden. Fünf Tipps, wie Sie ein­fache E-Learning-Inhalte selbst konzipieren können:
1. Nutzen Sie das Potenzial ­Ihrer Teammitglieder
Videos aufnehmen, bearbeiten und schneiden – wer mit You­tube, Tiktok und anderen Social-Media-Plattformen aufgewachsen ist, kennt sich hiermit oft bestens aus: Manche Azubis und jüngere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen könnten regelrechte Videoprofis sein. ­Suchen Sie aktiv nach ihnen – und nutzen Sie ihre Fähigkeiten. Holen Sie sie schon bei der Konzeption des E-Learnings an Bord.
2. Authentizität geht vor ­Professionalität
Die Kamera eines Smartphones ist ausreichend, um ein qualitativ hochwertiges Video zu drehen. Aber auch wenn die Kamera nicht zu 100 Prozent gerade gehalten wird oder das Licht nicht optimal eingerichtet ist, bedeutet das nicht gleich ein Problem. Wenn etwa in einem Video der erfah­rene Mitarbeiter in der Produk­tionshalle vor der Kamera dem Auszubildenden etwas erklärt, dann hören die Kolleginnen und Kollegen in aller Regel zu. Authentische Videos punkten! Besonders wenn sie das eigene Unternehmen betreffen.
3. Halten Sie sich kurz, und ­integrieren Sie ein Quiz
Versuchen Sie, die Videos so schneiden zu lassen, dass sie wirklich kompakt sind. Wenn die Materie so komplex ist, dass längere Erläuterungen notwendig sind, versuchen Sie das Lernen immer wieder aufzulockern. ­Gelingen kann das etwa mit ­einem Quiz zwischendurch oder anderen interaktiven Aufgaben.
4. Kombinieren Sie E-Learning und persönliche Treffen
Mit Blended Learning binden Sie neben den E-Learning-Modulen Veranstaltungen ein, bei denen alle Teilnehmer zusammenkommen – online oder in Präsenz. Das schafft eine zusätzliche Motivation, das Weiterbildungsangebot anzunehmen, schließlich wollen die meisten gut vorbereitet zum gemeinsamen Treffen erscheinen.
5. Holen Sie sich Feedback ­bei einem Experten
Ihr erster E-Learning-Kurs ist ­fertig? Lassen Sie am Ende nochmal einen Profi auf ihre Inhalte schauen. Je nach Länge des ­Kurses oder der Module reichen bereits ein paar Stunden, damit Sie ein Feedback bekommen und die Didaktik gegebenenfalls optimieren können.