(Kiel) Das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig stellte klar, dass es bei einem verjährtem Erfüllungsanspruch auch keinen Nacherfüllungsanspruch (mehr) gibt.
Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Helene–Monika Filiz, Präsidentin des VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf das OLG Urteil vom 31.07.2025 – 8 U 193/22.
- Die Verjährung der Gewährleistungsansprüche des Bestellers gegen den Bauträger beginnt mit der Abnahme bzw. mit der endgültigen Verweigerung der Abnahme zu laufen.
- Hat der Erwerber die Leistung nicht abgenommen und liegt auch keine endgültige Abnahmeverweigerung vor, wird der Erfüllungsanspruch des Erwerbers – wenn keine Fertigstellungsfrist vereinbart wurde – nach Ablauf einer angemessenen
Herstellungsfrist fällig und verjährt innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. - Da es sich bei einem Nacherfüllungsanspruch um einen modifizierten Erfüllungsanspruch handelt, ist das Bestehen eines durchsetzbaren Erfüllungsanspruchs bis zur Abnahme Voraussetzung des Bestehens eines Nacherfüllungsanspruchs.
- Beruft sich der Bauträger vor der Abnahme auf den Eintritt der Verjährung des Erfüllungsanspruchs, entsteht der Nacherfüllungsanspruch nicht.
Das Urteil des OLG Braunschweig vom 31.07.2025 – Az. 8 U 193/22 behandelt zentrale Fragen zur Verjährung von Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüchen im Baurecht.
Problem/Sachverhalt
Die Besteller (B) schließen mit dem Auftragnehmer (AN) einen Bauträgervertrag.
Der AN seinerseits beauftragt wiederum einen Architekten (A).
Im Verfahren des Auftragnehmers (AN) gegen dessen Beauftragten (A) hatte das OLG zu prüfen, ob die Bestellerin (B) noch ihrerseits Mängelrechte gegen die Klägerin dieses Verfahrens, also die AN noch geltend machen kann. Sofern dies nicht mehr möglich wäre, fehlt es an einem Schaden und mithin an einem Anspruch gegen A.
Es wurde weder eine Abnahme durch die B erklärt, noch dieselbe endgültig von verweigert. Das OLG hatte daher zu prüfen, ob der Erfüllungsanspruch der Bestellerin (B) verjährt ist und wie sich eine Verjährung auf die möglichen Mängelrechte der Bestellerin (B) auswirken kann.
Dabei stellt das OLG Braunschweig im Wesentlichen das Folgende fest:
(1) Verjährung des Erfüllungsanspruchs:
- Verjährungsbeginn ist der Ablauf einer angemessenen Herstellungsfrist, wenn keine Fertigstellungsfrist vereinbart wurde.
- Die Verjährungsbestimmung erfolgt nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 195, 199 BGB), also innerhalb von drei Jahrenab dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.
(2) Voraussetzung für Nacherfüllungsanspruch:
- Der Nacherfüllungsanspruch ist ein modifizierter Erfüllungsanspruch.
- Er entsteht nur, wenn der ursprüngliche Erfüllungsanspruch noch nicht verjährt ist und die Abnahme erfolgt ist.
(3) Folge der Verjährung vor Abnahme:
- Wird die Verjährung des Erfüllungsanspruchs vor der Abnahme geltend gemacht, entsteht kein Nacherfüllungsanspruch.
- Damit entfallen auch etwaige Mängelrechte des Bestellers.
(4) Konsequenzen für Folgeansprüche:
Wenn der Besteller keine Mängelrechte mehr hat, kann auch der Auftragnehmer keine Schadensersatzansprüche gegen Dritte (z. B. Architekten) geltend machen.
Die B können gegen den AN keinen Nacherfüllungsanspruch mehr geltend machen, weil ihr Erfüllungsanspruch verjährt ist. Da der Nacherfüllungsanspruch ein modifizierter Erfüllungsanspruch ist, kann Nacherfüllung nur verlangt werden, wenn vor der Abnahme auch die Erfüllung verlangt werden konnte.
Erhebt der AN aber – wie hier – vor der Abnahme zu Recht die Einrede der Verjährung, gelangt der Nacherfüllungsanspruch nicht zur Entstehung. Die B haben damit gegen den AN keine Mängelrechte mehr, weshalb auch der AN gegen den A keine Rechte geltend machen kann.
Praxishinweis
Die Entscheidung betont die enge Akzessorietät zwischen Erfüllungs- und Nacherfüllungsanspruch. Die Frage, ob ein verjährter Erfüllungsanspruch die Entstehung eines Nacherfüllungsanspruchs verhindert, ist noch nicht höchstrichterlich geklärt. Das OLG hat daher die Revision zum BGH zugelassen.
Während die unter Ziffer 1. und 2. dargestellten Leitsätze als rechtlich gesichert anzusehen sein dürften. Stellt sich im Hinblick auf die Leitsätze zu Ziff. 3 und 4 die Frage wie sich ein verjährter Erfüllungsanspruch auf einen nach Abnahme grundsätzlich entstehenden Nacherfüllungsanspruch auswirkt. Dies ist noch keiner höchstrichterlichen Klärung zugeführt worden.
Dies, so die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Helene–Monika Filiz, Präsidentin des VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, gilt es stets im Rahmen der rechtlichen Beratung im Kontext mit der Bauabwicklung zu beachten.
Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. – www.VBMI-Anwaltsverband.de
Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:
Helene – Monika Filiz
Rechtsanwältin / Fachanwältin für Familienrecht / Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
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